ATARI
Die US-amerikanische Unterhaltungselektronikfirma Atari wurde am 27. Juni 1972 von Nolan Bushnell und Ted Dabney gegründet und gilt als technologische Keimzelle und Vorreiter vieler Entwicklungen der Kommunikationsbranche in der heutigen Zeit. Beide waren Go-Spieler, so sind sie durch das Atari im Go auf den Namen gekommen. Anfang bis Mitte der 1980er Jahre stieg die nun auch international operierende Firma Atari Corp. zum größten Entwickler und Hersteller von Videospielen für Spielhallenautomaten, Heimvideospielsysteme (z. B. Atari VCS 2600) und Heimcomputer (Atari 400/800/130/XL/XE) auf. Nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der Videospielbranche 1984 und nach dem Wechsel der Firmenführung verlagerte Atari erfolgreich den Schwerpunkt der Produkte durch Einführung der ST-Computerbaureihe auf den Heimanwenderbereich. Fehler in der Öffentlichkeitsarbeit und Fehlentscheidungen zur Ausrichtung der Produktpalette ließen ab Anfang der 1990er Jahre den Umsatz und die Gewinne drastisch einbrechen; 1996 wurden die letzten noch verbliebenen Abteilungen aufgelöst. Der Markenname Atari ging 2001 an den französischen Konzern Infogrames über. 2005 machte Atari mit der Spielkonsole Atari Flashback wieder auf sich aufmerksam.
Die frühen Jahre
1972 gründeten Nolan Bushnell und Ted Dabney in Kalifornien die Firma Atari. Der Begriff „Atari“ wurde dabei dem Wortschatz des Go-Spiels entlehnt; später wurde das Logo in Form des stilisierten japanischen Berges Fuji hinzugefügt. Die von Bushnell ursprünglich vorgesehene Firmenbezeichnung Syzygy war bereits anderweitig vergeben.
Inspiriert vom in Studentenkreisen beliebten Großrechner-Spiel Spacewar! entwickelten Bushnell und Dabney Anfang der 1970er Jahre ein Automatenspiel namens Computer Wars, wobei diesem Projekt aufgrund der umständlichen Steuerung kein kommerzieller Erfolg beschieden war. Der wirtschaftliche Durchbruch gelang schließlich mit einem Pong-Automaten und der Heimversion in Form eines am Fernseher anschließbaren tragbaren Gerätes. Diese Pong-Konsole markiert den Beginn der kommerziellen Videospieleära.
1975 arbeiteten Steve Jobs und Steve Wozniak, die späteren Mitgründer von Apple Computer, kurze Zeit für Atari. Unter ihrer Federführung entstanden u. a. eine verbesserte Pong-Heimkonsole (mit einem Minimum an Transistoren) und das Videospiel Breakout. Ab 1976 arbeiteten die Atari-Entwickler an der Fertigstellung des revolutionären Videospielsystems mit dem Codenamen Stella (später als Atari VCS 2600 vermarktet). Der Mangel an Eigenkapital zur Deckung der Entwicklungskosten resultierte im Verkauf von Atari an Warner Communications im Oktober 1976 für 28 Millionen US-Dollar.
Warner Communications und Atari
1978 verließ Nolan Bushnell Atari. In den darauf folgenden beiden Jahren wurden zahlreiche Studien zu Heimcomputern und verschiedenen Videospielkonsolen angefertigt und entsprechende Prototypen teilweise bis zur Produktionsreife gebracht. 1979 startete die Produktion und der Verkauf der ersten Atari Heimcomputer sowie der Atari VCS 2600 Videospielkonsole, die sich bald zu Verkaufsschlagern entwickelten. In dieser Zeit entstanden zudem die ersten Spielhallenautomaten mit Vektorbildschirm (Lunar Lander, 1979) und mit Battlezone (1980) ein völlig neues Spielegenre: der sogenannte First-Person-Shooter.
1980 trennten sich aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit der Geschäftsleitung die Programmierer David Crane, Larry Kaplan, Alan Miller und Bob Whitehead von Atari, um am 25. April 1980 Activision zu gründen. 1981 kehrte auch der Chefentwickler der Heimcomputerabteilung Jay Miner Atari den Rücken und gründete die Firma Amiga, um eigene Projekte zu verfolgen, deren Verwirklichung ihm unter Ataris Federführung unmöglich schienen.
Ein Börsenskandal im Dezember 1982 zwang Raymond Kassar, am 7. Juli 1983 die Geschäftsführung aufzugeben. Unter der Leitung seines Nachfolgers James Morgan wurde die Zusammenarbeit mit Jay Miner und dessen Firma Amiga verstärkt, bis hin zur gemeinsamen Konzeption des sogenannte Lorraine-Projekts, eines auf der Motorola-68000-CPU basierten Heimcomputersystems. Dieses sollte die schon recht alte XL/XE ablösen. Im Juli 1984 verkaufte Warner Communications die Konsolen- und Computerabteilung von Atari an Jack Tramiel, den entlassenen Gründer von Commodore. Tramiel versuchte, Amiga endgültig zu kaufen. Commodore (unter Irving Gould) bot kurz vor Ende der 24-Stunden-Frist knapp das Doppelte von Tramiel und bekam den Zuschlag. Das Lorraine-Projekt wurde, nach dem die Firma Commodore die Aktienmehrheit an der Firma Amiga gewonnen hatte, zunächst in Amiga, mit dem Erscheinen weiterer, kompatibler Modelle dann in Amiga 1000 umbenannt.
Die Tramiel-Ära
Nach guten geschäftlichen Erfolgen im Videospielemarkt kam es bald zur ersten ernsthaften Krise – 1983 machte Atari einen operativen Verlust von 536 Millionen US-Dollar. Daraufhin suchte Warner Communications verlustträchtige Firmensektionen Ataris abzustoßen und fand am 2. Juli 1984 im kurz zuvor bei Commodore entlassenen Jack Tramiel einen Käufer für die kriselnde Heimcomputer-Sparte. Die Spielhallenautomaten-Abteilung verblieb bei Warner Communications, nun jedoch unter dem Namen Atari Games Corp. (existent bis 2003).
Unter Jack Tramiels Ägide wurde von Shiraz Shivji, einem der „Väter“ des Commodore 64, der Atari ST in einer Rekordzeit von nur fünf Monaten entwickelt und bereits auf der CES im Januar 1985 in Las Vegas in Form des Atari 130ST und 520ST der Öffentlichkeit vorgestellt. Im April erfolgte bereits die Auslieferung der ersten 520ST Computer, eines Modells, das in den nächsten Jahren zum Verkaufsschlager wurde und der sich aufgrund des integrierten MIDI-Interface insbesondere im Bereich der professionellen Musikproduktion großer Beliebtheit erfreute. Bis 1993 wurde die Palette um etliche ST-Modelle erweitert. Der ST arbeitet mit dem Betriebssystem TOS.
Die ersten STs waren den Intel-PCs in vielen Belangen überlegen, doch der ST hatte es nur in Europa und hierbei vor allem in Deutschland geschafft, als „ernsthafter“ Computer anerkannt zu werden. Hierbei bildeten sich drei Schwerpunkte heraus:
Durch die MIDI-Schnittstelle wurde der Atari ST zur Keimzelle vieler Musikprogramme. Der Atari etablierte sich damit quasi als Standard in der MIDI-Musikproduktion. Die Nachfolger von Steinbergs Cubase und C-Labs Notator zählen immer noch zu den bekanntesten Musikprogrammen.
Durch den schnellen Prozessor sowie den kostengünstigen, für die damalige Zeit recht hochauflösenden Schwarz-auf-weiß-Monitor und durch die Software-Produkte „Signum“ und „Calamus“ besetzte Atari zunächst das Einsteigersegment im aufkeimenden Desktop-Publishing. Später wurden auch Großbildschirme angeboten, und Atari begann, dem damals noch sehr teuren Apple Macintosh einen Marktanteil bei den Werbeagenturen abzuringen.
Durch die im Vergleich zum Intel-8086 und 80286 weitaus leistungsfähigeren Motorola-68000-Prozessoren und durch das seit Mitte 1988 serienmäßig mitgelieferte Omikron-Basic mit 19-stelliger Rechengenauigkeit und exzellenter Mathematik etablierte sich der Atari ebenso im Bereich der Forschungsinstitute und Ingenieurbüros, die ihre Software ohnehin selbst schreiben mussten. Allerdings auch dies nur in Deutschland.
In den 1990er Jahren schaffte es Atari jedoch nicht, gegen die immer stärker aufkommenden PCs auf Intel-Basis weiterhin einen Markt zu behaupten. Dies lag vermutlich an der nachlassenden Innovationskraft (u. a. verließ Shiraz Shivji das Unternehmen), den erstarkenden Intel-Prozessoren und insbesondere am Mangel an angebotener Software.
Hinzu kamen immer größere Qualitätsprobleme, wie z. B. mit dem Nachfolger des bis dahin als bahnbrechend angesehenen SM124-Monitors, sowie großer Unmut in der Fachhändlerschaft, dieses und andere Probleme mit eigenem Personal selbst reparieren zu müssen. Nach der Trennung vom langjährigen Geschäftsführer Alwin Stumpf, mit dem Tramiel schon zuvor bei Commodore zusammengearbeitet hatte, und einer großen Entlassungswelle nach der CeBIT 1992 bei der nach Schwalbach am Taunus umgezogenen GmbH, zog sich ATARI einige Monate später, wie zuvor schon aus fast allen anderen europäischen Ländern, ganz aus Deutschland zurück und versuchte kurzzeitig noch, von Holland aus den Vertrieb aufrechtzuerhalten.
Das Ende
Im November 1993 startete Atari mit der Videospielkonsole Jaguar eine weitere Produktoffensive im Videospielesegment. Die Verkaufszahlen blieben jedoch weit hinter den Erwartungen und den Entwicklungskosten zurück und zehrten die letzten Rücklagen auf. Am 30. Juli 1996 übernahm die JTS Corporation, ein Hersteller von Festplatten, vermutlich als Werbeaktion, alle Aktien von Atari und läutete damit das Ende des Videospieleherstellers Atari ein.
Die Rechte an Atari gingen am 22. Februar 1998 von der inzwischen insolventen JTS Corporation für fünf Millionen US-Dollar an Hasbro Interactive über. Schließlich übernahm 2001 der französische Computerspielehersteller Infogrames von Hasbro die Markenrechte und firmiert seit dem zweiten Quartal 2003 selbst unter dem Namen Atari.
Anfang April 2007 reagierte das Unternehmen auf zurückgehende Umsätze und sprach rund 20% der Beschäftigten die Kündigung aus [.
Im November 2007 gab Atari USA bekannt, seinen Vertrieb auf Nord-Amerika zu beschränken, wodurch in den USA Arbeitsplätze eingespart werden sollen. Atari Europa steht zu diesem Zeitpunkt finanziell gut bis sehr gut da.
Atari versuchte juristisch gegen Berichterstattungen in Online-Medien vorzugehen.